Einen Wasserfall fotografieren? Das kann doch jeder! Ist das wirklich so? Einen Wasserfall knipsen das kann jeder. Aber ein richtig gutes oder sehr gutes Fotos von einem Wasserfall erfordert meist etwas mehr als nur auf den Auslöser der Kamera zu drücken.
Worin liegt der Unterschied zwischen knipsen und fotografieren? Geknipst wird wenn man ohne Überlegung auf den Auslöser einer Kamera drückt. Gut, nicht immer. Aber in den meisten Fällen. Beispiel gefällig? Das folgende Foto habe ich geknipst:
Busausflug in Norwegen. Fotostop an einem Wasserfall. Schnell aussteigen. Die Füße vertreten. Ein schnelles Foto vom Wasserfall geknipst. Tolle Kulisse. Aber davon kommt im Bild nichts rüber. Zu hartes Licht. Überwiegend schattig im Vordergrund. Ist halt ein Erinnerungsfoto an den Norwegen-Urlaub.
Habt ihr auch solch geknipste Bilder von einem Wasserfall? Willkommen im Club der Urlaubs- und Reiseerinnerungen. Vielen Menschen reicht solch ein Erinngerungsfoto. Bei dem Busausflug konnte ich mir leider keinen anderen Zeitpunkt auswählen. Das Stativ war auf dem Schiff. Bei sonnigen Wetter habe ich nicht an ein Stativ gedacht. Klarer Fall von schlechter Planung und Vorbereitung. Mit der richtigen Planung und Vorbereitung sind ganz andere Wasserfallfotos möglich. Ein stark verbessertes Bild könnte so aussehen:
Sieht schon viel besser aus. Manchem mag das schon zu weich sein. Mir gefällt es. Wie man ein Bild von einem Wasserfall mit Wasserschleier oder fließendem Wasser machen kann, werdert ihr jetzt erfahren.
Wasserfall fotografieren – Die Fotoausrüstung
- Kamera
- Objektiv
- Stativ
- Fernauslöser
- Graufilter und Pol-Filter
- Fototasche oder Fotorucksack
Die optimale Kamera hat Wechselobjektive. So kann man sich optimal an die Möglichkeiten vor Ort anpassen. Eine mögliche Alternative sind Kameras mit eingebauten Zoom-Objektiv, welche auch einen Weitwinkelbereich beinhalten. Ansonsten muß man mit dem verfügbaren Objektiv zurecht kommen. An der Kamera sollte man Verschlußzeit, Blende, ISO und Entfernung von Hand einstellen können. Für verwacklungsfreie Aufnahmen ist die Möglichkeit einer Fernauslösung oder als Ersatz ein Selbstauslöser hilfreich. Bei einer Spiegelreflexkamera, sollte diese eine Spiegelvorauslösung haben, um bei Langzeitbelichtungen Erschütterungen durch den Spiegel und dadurch entstehende Verwacklungen zu vermeiden. Manche DSLR`s klappen den Spiegel auch im Live-View hoch. Leider nicht jedes Kameramodell.
Das passende Objektiv hängt stark von den fotografischen Möglichkeiten am Wasserfall ab. Bei manchen Wasserfällen kommt man nicht direkt an den Wasserfall. Hier kann eine normale Brennweite oder ein Tele genau richtig sein. Es gibt aber auch Wasserfälle, wo man direkt am Wasser seine Kamera positionieren kann. In solchen Fällen kann man auch sehr gut verschiedene Perspektiven in Betracht ziehen. Optimal ist eine Kamera mit Wechselobjektiven. Vom extremen Weitwinkel bis zum Teleobjektiv ist fast alles möglich.
Wenn man den Wasserfall mit langer Belichtungszeit belichten möchte, ist ein Stativ erforderlich. Es sollte stabil sein. Es sollte hoch genug sein. Es sollte aber auch niedrige Perspektiven ermöglichen. Ob das Stativ mit einem Kugelkopf, Dreiwegeneiger oder Getriebeneiger genutzt wird, ist Gewohnheitssache. Alle drei haben ihre Vor- und Nachteile. Ein Kugelkopf ist schneller einstellbar und meist kompakter im Volumen. Ein Dreiwegeneiger lässt sich präzsier einstellen. Ein Getriebeneiger lässt sich sehr präzise einstellen, ist aber die klobigste und schwerste Option. Eine Schnellwechselplatte erleichtert das aufsetzen der Kamera. Wenn das Stativ oder der Stativkopf eine Wasserwaage hat, kann das in manchen Fällen von Vorteil sein. Die meisten teuren Kameras haben heute auch oft eine Wasserwaage eingebaut. Mindestens zwei Stativbeine sollten gepolstert sein. Zum einen wird das Stativ beim Auf- und Abbau griffiger. Und bei Kälte bekommt nicht gleich klamme Finger.
Beim Arbeiten mit einem Stativ und Langzeitbelichtungen benötigt man einen Fernauslöser. Dieser vermeidet Verwacklungen, welche beim drücken des Auslösers an der Kamera entstehen könnten. Fernauslöser gibt es in vielen Ausführungen. In der Praxis wird die Auswahl durch das Kameramodell eingeschränkt. Vom Drahtauslöser, Kabelfernauslöser, kabellosen Auslöser bis zur App für das Smartphone oder Tablet gibt es viele Möglichkeiten. Ich persönlich nutze in der Landschaftsfotografie einen einfachen Kabelauslöser mit Arretierung des Auslösers. Der funktioniert zuverlässig. Bei kabellosten Systemen hatte ich schon oft schlechte Erfahrungen. Meist konnte ich das über den Selbstauslöser umgehen. Der Selbstauslöser ist für mich aber nur eine umständliche Notlösung.
Zwei Arten von Filter können für die Wasserfallfotografie in Frage kommen. Ein Polfilter kann Reflektionen und Spiegelungen auf dem Wasser und auf Pflanzen reduzieren oder sogar beseitigen. Nebenbei kann man mit einem Polfilter auch die Farben intensiver darstellen. Dabei schluckt der Polfilter 2 bis 3 Lichtwerte. Dadurch kann man eine längere Belichtungszeit wählen. In manchen Fällen kann das schon ausreichend sein, damit der Wasserfall durch seine Bewegung verwischt wird. In vielen Fällen ist aber meist ein Graufilter erforderlich, welcher noch mehr Licht abhält. Meist braucht man zwei bis drei verschiedene Stärken. Eine Faustformel gibt es da nicht. Die Situation ist an jedem Wasserfall anders. In der Praxis muß man vor Ort einfach die optimalen Einstellung austesten. Im Zeitalter von Digitalkameras kann man dies am Display leicht prüfen und falls nötig umgehend verbessern. Pol- und Graufilter können auch kombiniert werden. Allerdings kann jeder optische Vorsatz die optische Qualität des Objektives reduzieren.
Die Fotoausrüstung muß auch irgendwie zum Aufnahmeort transportiert werden. Wenn man nur eine Kamera und ein Objektiv dabei hat, mag ein Trageriemen ausreichen. Bei einem geplanten Landschaftsfoto wird man auch noch Zubehör und weitere Objektive mitnehmen wollen. Ein Fotorucksack hat sich bei mir für Spaziergänge und Wanderungen am besten bewährt. Für eine kleine Ausrüstung nutze ich aber auch oft eine kleine Fototasche. Das Stativ wird in einer separaten Stativtasche transportiert.
Wasserfall fotografieren – das optimale Wetter
Einen Wasserfall bei Sonnenschein fotografieren? Nein danke. Wie das aussehen kann, zeigt mein erstes Foto. Viel zu hartes Licht. Unruhig wirkendes Motiv. Das Foto ist als abschreckendes Beispiel gedacht. In den meisten Fällen eignet sich ein bewölkter Himmerl oder leichter Regen am besten. Bei Regen ist Vorsicht geboten, wenn man über rutschige Steine läuft. Die können bei Nässe sehr rutschig sein. Wenn man durch Wasser laufen will sollte man Gummistiefel oder Neoprenschuhe wie Surfer anziehen. Mit den Surfschuhen hat man ein viel besseres Geführ als mit Gummistiefeln. Ich plane das fotografieren eines Wasserfalles immer an Tagen mit schlechter Wettervorhersage. So weiß ich im Urlaub, was ich bei Schlechtwetter machen werde!
Auch dieses Foto entstand bei Oberstdorf an einem bewölkten Tag mit Nieselregen. 14 mm Weitwinkel (= 21 mm Vollformat) mit Graufilter vom Stativ und Langzeitbelichtung ein paar Sekunden lang.
Wasserfall fotografieren – Kamera-Einstellungen
Einen Wasserfall mit Programmautomatik und Autofokus fotogafieren? Für ein geknipstes Erinnerungsfoto mag das gehen. Für ein gut gestaltetes Foto mit dem gewünschten Wischeffekt des Wasserflußes braucht man mehr Aufwand.
- Nutze das RAW-Format deiner Kamera. Damit hast du in der Nachbearbeitung einen größeren Spielraum.
- Blende manuell einstellen. Optimal ist eine Blende wo der gewünschte Bereich scharf abgebildet wird, ohne das Beugungsunschärfe bemerkbar wird. Zu starkes Abblenden kann zu Beugungsunschärfe führen. Das will man meist nicht. Also muß die optimale oder förderliche Blende eingesetzt werden. Die optimale Blende ist da wo das Objektiv die beste Schärfe hat. Die förderliche Blende ist soweit abgeblendet, daß die Beugungsunschärfe noch nicht optische störend wirkt.
- Die Verschlußzeit hängt vom Motiv, Objektivbrennweite und dem gewünschten Effekt ab. Eine träumerisch wirkende Wasserverwischung ist zwischen 1 bis 30 Sekdunden möglich. Wie stark oder dezent der Wischeffekt sein soll ist Geschmackssache. Die Bandbreite bei der Belichtungszeit hängt auch an den Lichtverhältnissen. Unter Bäumen im Wald ist weniger Licht als bei freier Landschaft, verfügbar. Auch die Fließgeschwindigkeit des Gewässers spielt eine Rolle.
- ISO möglichst niedrig halten. Dann sind Fotos mit feinen Details möglich. So kommt man auch auf Belichtungszeiten, die ein Stativ erfordern. Um Wasser als nebligen Wischeffekt darstellen zu können wird zwischen 1 bis 30 Sekunden belichtet. Um am Tag solche Belichtungszeiten zu erreichen ist oft ein Graufilter erforderlich.
- Die Entfernung stellt man am besten auch von Hand ein. So kann man die gewünschte Schärfentiefe exakter steuern.
Wasserfall fotografieren – Tipps + Tricks Aufnahme
Die Fotoausrüstung und die wesentlichen Einstellungen haben wir bereits behandelt. Neben der Fotoausrüstung gibt es noch weitere Tipps und Helferlein, welche die Umsetzung einer Wasserfallfotografie erleichtern können. Manche Tipps sind sehr banal. Im ersten Moment denkt man da gar nicht daran.
Passendes Schuhwerk. Am und in der Nähe von Wasserfällen kann es naß sein. Manchmal sogar sehr naß. Oft auch sehr rutschig. Nasse Steine und bemooste Steine sind sehr rutschig, wenn man diese betreten will. Die Rutschgefahr darf man nicht unterschätzen. Was für Schuhe hängt stark von den Bedinungen am Fotospot ab. Stabile wasserdichte Bergschuhe sind oft eine gute Wahl. Gummistiefel, wenn man durch Wasser laufen muß. Eine Wathose wenn man durch tieferes Wasser muß. Ich habe immer ein paar Neoprenschuhe dabei. Gibt es im Sportgeschäft in der Abteilung für Surfer. Die haben eine Gummisolhle und halten auch bei kalten Gebirgsbächen gut warm. Die Gummisohle ist relativ rutschfest und man hat darin ein besseres Gefühl als in dicken Stiefeln.
Auch die Kleidung sollte Wasserdicht. Eine lange wasserabweisende Trekking- oder Wanderhose. Eine Regenjacke und eine Mütze schütze vor Spritzwasser und Gischt. Mit wasserdichter Kleidung kann man sich auch mal auf einen feuchten Stein oder Waldboden setzen oder knien. Aber auch die Kamera sollte in manchen Fällen vor Wasser geschützt werden. Auch wenn die Kamera und Objektiv wasserabweisend sind. Wassertropfen auf der Frontlinse sind für ein Foto meist nicht erwünscht. Im Fachhandel gibt es dafür verschiedene Kunststoffbeutel. Ich habe dafür eine Einweg-Duschkappe dabei. Diese stülpe ich mit dem Gummigzug über die kamera und das Objektiv. Zum fotografieren wird die Duschkappe vor dem Objektive zurück gezogen.
Probiere verschiedene Objetkive aus. Nicht nur Weitwinkel. Auch ein Ausschnitt mit einem Teleobjektiv kann ein sehr schönes Detail eines Wasserfalles darstellen. Probiere verschiedene Perspektiven aus. Manchmal ist man da von der Topographie abhängig. Oft kann man aber von oben, aus der Augenhöhe und der Froschperspektive Aufnahmen machen.
Versuche im Vordergrund einen interessanten Gegenstatz zu positionieren. Ein Herbstlatt im Farbkonstrast zum grünen Moos macht das Bild interessanter. Setze einen Stein vorne rechts oder links im Bild in deine Gestaltung. Dazu muß man erst einmal die passende Perspektive finden. Aber der Wasserfall läuft nicht weg. Du hast Zeit um den optimalen Bildausschnitt und Bildaufbau zu finden.
Wenn du den gewünschten Bildaufbau und Bildausschnitt gefunden hast, kannst du endlich das Foto machen. Das fotografieren ist meist der geringere Aufwand. Dennoch solltest du verschieden lange Belichtungszeiten ausprobieren. Fange mit dem schwächsten ND-Filter an. Danach mit einen kräftigeren. Versuche es auch mit eine Pol-Filter. Reklektionen auf Pflanzen oder dem Wasser kann man mit dem Pol-Filter reduzieren. Manchmal ist auch Polfilter und ND-Filter genau richtig. Das ist an jeder Location unterschiedlich. Da muß man sich fast immer mit mehreren Testaufnahmen an das Wunschergebnis herantaste.
Das war das wichtigste um einen Wasserfall mit Schleiereffekt fotografieren zu können. Jetzt kann es los gehen. Suche dir einen Wasserfall in deiner Region. Besuche ihn an einem bewölkten Tag. Mache ein tolles Wasserfallfotos mit Langzeitbelichtung.