Im Wald fotografieren? Das hört sich einfach an. Habt ihr schon einmal versucht im Wald Fotos zu machen? Ich meine Landschaftsfotos. Gar nicht so einfach. Selbst an einem sonnigen Sommertag ist im Wald meist viel zu wenig Licht. Nun kann man schwaches Licht mit einer höheren ISO ausgleichen. Allerdings steigt dann das Bildrauschen. Man kann eine längere Verschlußzeit wählen. Dann verwackelt man viele Aufnahmen. Man kann ein lichtstarkes Objektiv mit weit geöffneter Blende einsetzen. Das ist manchmal eine Lösung, wenn man nur einen bestimmten Motivbereich scharf abbilden möchte. Will man aber von vorne bis hinten alles scharf darstellen, dann hilft meist nur ein Stativ.
Wer meine 10 besten Tipps für die Landschaftsfotografie bereits gelesen hat, wird sich über die Stativwahl nicht wundern. Im Wald ist fotografieren nicht einfach. Knipsen mag noch gehen. Wer aber ein sehr gutes Foto im und vom Wald machen möchte, muß ein Motiv kontrolliert und in Ruhe gestalten können. Mit einem Stativ kommt automatisch Entspannung in die fotografische Umsetzung. Die Auswahl des Bildausschnittes kann viel präziser umgesetzt werden. Und längere Belichtungszeiten spielen nur noch eine untergeordnete Rolle.
Allerdings kommt es auch darauf an was man für ein Motiv im Wald fotografieren möchte? Den Wald als gesamtes Motiv? Oder nur einen einzelnen Baum im Wald? Oder sollen es Detailaufnahmen im Wald sein? Je nach Motiv sind vereinzelt auch Aufnahmen aus der freien Hand möglich. Bei Aufnahmen aus der Froschperspektive kann auch ein kleines niedriges Stativ, Tischstativ oder Bohnensack ausreichen. Wenn man gar kein Stativ verfügbar hat, kann zur Not auch die Kamera auf den Waldboden aufgelegt werden. Zum ausrichten kann ein Ast oder Tannenzapfen dienen.
Was ist besser? Stativ oder ohne Stativ? Es kommt darauf an. Will man die volle Kontrolle über die Bildgestaltung und keine Kompromisse bei der maximalen Auflösung eingehen? Dann ist ein Stativ Pflicht.
Im Wald fotografieren ohne Stativ
Es gibt durchaus Motive im Wald, welche auch ohne Stativ fotografiert werden können. Ich zeige euch ein paar Beispiele:
Aufgenommen mit 14 mm (= Vollformat 21 mm) mit Blende 5,6 und ISO 500. Der alte Bergahornbaum steht im Allgäu. Zwischen Oberstdorf und dem Freibergsee gibt es in einem Waldstück einige dieser mehrere hundert Jahre alten Bergahornbäume. Einige sind wie in einem Urwald mit Moos bewachsen. Die meisten davon bieten viel Schatten. Leider geht dadurch auch viel Licht verloren. Ohne Stativ kommt man meist in Bereiche von Belichtungszeiten wo man die Aufnahmen ohne Stativ verwackeln würde. Dieser Baum stand am Waldrand. Dort gab es mehr Licht als bei den Bäumen im Wald. Da wir eine Tageswanderungen geplant hatten, blieb das Stativ aus Gewichtsgründen im Hotel. Am schwierigsten war es den richtigen Blickwinkel zu finden, damit der ausladende Ast zur Geltung kam und dennoch der Baum von vorne bis hinten scharf abgebildet wird. Dank eines Weitwinkelobjektive reichte hier Blende 5,6. ISO500 bringt an meiner Fuji X.T2 noch kein sichtbares Bildrauschen. Die anderen Bäume konnten nur mit einem Stativ fotografiert werden. Dort war es viel zu dunkel für eine kurze Verschlußzeit. Ein weiterer Vorteil war ein bewölkter Himmel. Gut wir haben zwar kein himmelblau. Dafür ist das Licht weicher und man hat weniger mit hohen Kontrastumfang zu kämpfen.
Das Foto von den bemoosten Wurzeln entstand im gleichen Waldstück. Der Baum ist eine Rotbuche. Aufgenommen mit 14 mm (= Vollformat 21 mm), 1/25 Sekunde, Blende 5,6 und ISO800. Hier war schon weniger Licht vorhanden. Die Bäume haben den ganzen Wald abgeschattet. Das hat auch einen Vorteil. So hat man sehr weiches Licht und nicht mit hohen Kontrast zu kämpfen. Blende 5,6 war erforderlich um die Schärfe der Wurzeln durchgängig zu erreichen. Schräg von oben aufgenommen. Dadurch erhielt ich eine bessere Verteilung der Schärfeebene. Sonst wären die Wurzeln nicht durchgängig scharf. Weiter abblenden mache ich nur selten, da sonst bereits leichte Beugungsunschärfe bei meiner Kamera eintreten kann. 1/25 Sekunde ist für mich bei hochauflösenden Sensoren meist mit verwackelten Aufnahmen verbunden. In dem Fall hatte ich Glück. Luft anhalten, Kamera festhalten, Foto machen, Schärfe passt.
Der Herbst bietet bei verfärbten Laub eine enorme Farbintensität. Am besten kommt die Blattfärbung im Gegenlicht zur Geltung. Dazu braucht man Sonnenlicht, Herbstfärbung, ein Teleobjektiv und oder Makroobjektiv oder beides in einem. Diese Aufnahme entstand mit einem 90 mm (= Vollformat 135 mm) Objektiv, 1/200 Sekunde, Blende 8 und ISO200. Es war kein Makroobjektiv. Durch das Tele kann man das Blatt vom Hintgergrund sehr schön freistellen. Noch besser wäre die Freistellung bei weiter geöffneter Blende. An dem Objektiv wäre auch Blende 2 möglich gewesen. Da es eine Nahaufnahme ist, reicht dann allerdings die Schärfentiefe nicht aus, um das Blatt vollständig scharf abzubilden. Aus diesem Grunde musste ich auf Blende 8 abblenden. Am meisten hatte ich mit dem Wind zu kämpfen. Der hat das Blatt immer wieder aus dem Schärfebereich gewedelt. Mit Motor habe ich einfach mehrere Fotos gemacht. Eines davon war im gewünschten Bereich scharf.
Aufgenommen mit 14 mm (= Vollformat 21 mm) mit Blende 2,8, längere Verschlußzeit und hohe ISO. Die Kamera wurde auf den Waldboden aufgelegt um Verwackelungen zu vermeiden. Die Schärfe wurde auf den vorderen Pilz gesetzt. Im Hintergrund verschwimmt der Wald in Unschärfe und Bokeh. Dennoch bin ich mit dem Bild nicht zufrieden, da es nicht perfekt ist. Wie man es besser machen kann, zeige ich im Kapitel mit dem Stativ.
Im Wald fotografieren mit Stativ
Stativ ist nicht gleich Stativ. Es gibt große, kleine, niedrige, hohe, leichte, schwere Stative. Auch die Materialien haben Auswirkung auf die Eigenschaften eines Statives. Aber darüber findet ihr unter Stative für die Landschaftsfotografie nähere Informationen. Im Wald kann man fast jede Art von Stativ oder Fixierung nutzen.
Ich komme gleich dazu, wie man ein Pilzfoto mit Wald im Hintergrund besser fotografieren kann. Aufgenommen mit 14 mm (= Vollformat 21 mm), 1/110 Sekunde, Blende 5,6, ISO 200 und gestackt aus 20 Einzelaufnahmen. Ich wollte den Wald bei einer Makroaufnahme sichtbar machen. Das geht mit einem Weitwinkel und der Froschsperspektive recht gut. Der Wald ist zwar unscharf aber dennoch noch gut erkennbar. Der Pilz wurde von seitlich unten mit einer LED-Lampe aufgehellt. Damit der Pilz durchgängig scharf wird waren 20 Einzelaufnahmen per Focus-Stacking erforderlich. Die Einzelaufnahmen wurden mit HeliconFocus zu einem scharfen Bild zusammengerechnet. Ist eine Nahaufnahme auch ein Landschaftsfoto? Wenn die Landschaft erkennbar ist, ist es für mich auch ein Landschaftsfoto aus einer bestimmten Perspektive.
Ein ähnliches Foto mit anderem Motiv. In dem Fall ein Zapfen eines Nadelbaumes auf dem Waldboden. Auch hier kam Focus-Stacking zum Einsatz, damit der Zapfen vollständig scharf ist. Die Kamera wurde mit einem Bohnensack stabilisiert. Im Bodenbereich ist das eine flexible Alternative zu einem Stativ.
Auch hier kam ein Stativ zum Einsatz. Die Aufnahme enstand mit einem 90 mm (= Vollformat 135 mm) Tele. Mit Tele ist es nicht leicht die Schärfe im gewünschten Bereich zu haben. Zudem wollte ich rechts und links einen Baumstamm als Rahmen haben. Das war nur mit einem Stativ exakt ausrichtbar. Am Stativ verwende ich dazu einen Getriebeneiger, mit dem ich auf den Millimeter genau den Bildausschnitt einstellen kann.
Bewölkt und Regen. Genau richtig für Fotos im Wald! Geringer Kontrast. Und für intensive Farben sorgt ein Polfilter. Im Zauberwald in der Ramsau war es sehr dunkel. Ohne Stativ wäre diese Aufnahme nicht realisierbar gewesen. 20 mm Objektiv (Vollformat).
An Hand der Beispiele sieht man bereits, daß man sowohl ohne als auch mit Stativ Fotos im Wald und vom Wald machen kann. Ohne Stativ wird man allerdings auf einige Motive verzichten müssen, da sie nicht realisierbar sind.
Im Wald fotografieren die Fotoausrüstung
Die Fotoausrüstung ist im Prinzip in großen Teilen gleich wie in der gesamten Landschaftsfotografie. Wobei es natürlich auch stark davon abhängig ist, was man in welcher Darstellungsart fotografieren möchte?
Kamera für das fotografieren im Wald
Am besten eignet sich eine Kamera mit Wechselobjektiven. Damit kann man am besten das passende Objektiv für das gewünschte Motiv auswählen. Inzwischen sind digitale Systemkameras den meisten Spiegelreflexkameras in einigen Techniken überlegen. Gute Fotos kann man aber mit beiden Kamerasystemen machen. Über die Bildqualität entscheidet der Fotograf und nicht die Kamera. Vorteile haben Kameras mit folgenden Möglichkeiten: Wechselobjektive, Live View, Focus Peaking zum exakten manuellen fokussieren, Schärfentiefe-Skala und Belichtungsreihe. Wechselobjektive sind die Grundlage für eine gezielte fotografische Umsetzung einer Bildidee. Grundvoraussetzung ist Fachwissen über die Fotografie. Live View zeigt wie das Fotos später aussehen könnte. Focus Peaking ist eine elektronische Einstellhilfe beim manuellen fokussieren. Eine Belichtungsreihe ist bei hohen Kontrasten hilfreich. So kann man den hohen Kontrast per Software als HDR ausgleichen.
Objektive für das fotografieren im Wald
Im Prinzip gibt es hier keine Einschränkungen. Am häufigsten nutze ich Brennweiten zwischen 14 und 90 mm (Vollformat 21 bis 135 mm). Ich favorisiere Festbrennweiten. Diese sind handlicher, leichter, meist lichtstärker und können auch noch im Nahbereich gut genutzt werden. Zoom-Objektive haben meist einen schlechteren Naheinstellbereich. Da ich die meisten Landschaftsfotos vorher plane, weiß ich meist schon welche Brennweite am sinnvollsten wäre. Wenn ich mir dennoch mal nicht sicher bin, packe ich mir eine Auwahl verschiedener Objektive in den Fotorucksack. Weitere Details habe ich bereits im Kapitel Objektive für die Landschaftsfotografie beschrieben.
Stativ für das fotografieren im Wald
Die Fotoindustrie bietet inzwischen Stative in großer Auswahl an. Ein Stativ sollte stabil sein. Unter Fototechnik habe ich bereits die Eigenschaften von verschiedenen Fotostativen für die Landschaftsfotografie beschrieben. Ich besitze aktuell mehrere Stative. Ein mittelscheres Alustativ von Manfrotto. Das nutze ich inzwischen kaum noch. Und ein leichteres aber dennoch stabiles Alustativ von Sirui. Das ist meine Allzwegwaffe im Fotostudio und bei Aussenaufnahmen. Manchmal nutze ich auch ein kleines Tischstativ oder einen Bohnensack.
Fotozubehör für das fotografieren im Wald
Beim Arbeiten mit einem Stativ benötigt man auch einen Fernauslöser. Ich nutze meist einen einfachen elektrischen mit Kabelanschluß. Auslösen und für Langzeitbelichtung eine Arretierung reicht mir vollkommen aus. Kabellose Ausslösungen sind leider nicht 100%ig zuverlässig. Außer starke Funksysteme. Die sind allerdings auch sehr teuer.
In der Landschaftsfotografie kommen häufig auch Filter zum Einsatz. Verlauffilter wird man beim fotografieren im Wald nur selten benötigen. Ich habe noch nie eine Verlauffilter im Wald benötigt. Meist hat man ja keinen Horizont. Da ist kein Verlauffilter sinnvoll anwendbar. Wenn man längere Verschlußzeiten benötigt, wird ein Grau- und oder Polfilter zur Anwendung kommen. Graufilter für längere Belichtungszeiten. Polfilter verlängert auch etwas die Belichtungszeit, kann aber spiegelnde Oberflächen reduzieren oder entfernen. Bei Regen können die hellen Wolkenspiegelungen auf Blättern reduziert oder sogar entfernt werden. Die Farben werden intensiver.
Im Wald fotografieren
Im Wald fotografieren hat zum Teil andere Anforderungen als in offenen Landschaften. Auch am Tag gibt es im Wald meist weniger Licht, was häufig den Einsatz eines Statives erfordert. Und bei Wind wird manches Fotomotiv zur Herausforderung. Dennoch kann man mit Fachwissen und gezielter Planung sehr gute Fotos im und vom Wald machen. Wie bei fast jedem sehr guten Landschaftsfoto, ist auch bei einem Waldfoto die Basis für einen sehr guten Treffer die Planung. Suche dir ein schönes Motiv. Überlege dir, wie man es am besten in Szene setzen kann. Plane den richtigen Zeitpunkt. Wie ich das mache beschreibe ich unter Workflow Landschaftsfotograf Bernd Schmidt. Sucht ein Motiv. Macht eine Planung. Setzt das Foto um. Viel Erfolg!