Stativ in der Landschaftsfotografie

Warum ein Stativ in der Landschaftsfotografie? Wenn man nur ein Erinnerungsfoto machen möchte, wird man in den seltensten Fällen ein Stativ benötigen. Auch frei aus der Hand sind mit den heutigen Kameras oft gute Landschaftsaufnahmen realisierbar.

Sobald man aber längere Verschlußzeiten verwendet, kommt man um ein Stativ nicht herum. Gerade wer das maximale aus einem Landschaftsmotiv herausholen will, wird durch Abblenden für eine hohe Schärfentiefe bereits längere Verschlußzeiten benötigen. Auch für manche Effekte, wie verwischte Wolken oder fließendes Wasser ist ein Stativ erforderlich. Und für Panorama-Aufnahmen sollten die Teilbilder sauber ausgerichtet sein, damit man sie später mit einer Bildbearbeitungssoftware zeitsparend zu einem Panorama zusammenfügen kann. Das geht mit einem Stativ am einfachsten.

Alustativ im Einsatz
Alustativ im Einsatz

Kein Wunder das für sehr gute Landschafsfotografien häufig der Einsatz eines Statives empfohlen wird. Auch ich habe dies unter meinen 10 Tipps für die Landschaftsfotografie favorisiert. Dennoch nutze ich nicht bei jedem Landschaftsfoto ein Stativ. Zu schwer. Zu unhandlich sind oft die Ausreden. Aber hinterher ärgere ich mich dann doch, keines dabei gehabt zu haben.

Ohne ein stabiles Stativ sind viele perfekte Landschaftsfotos oft nicht perfekt realisierbar.

Vorab möchte ich euch über meine bisherigen Erfahrungen mit Stativen berichten. Mein erstes Stativ war in den 80er Jahren ein billiges Cullmann Stativ. Knapp 60 DM hat es gekostet. Nach kurzer Zeit musste ich schnell feststellen, daß es für meine Nikon FM zu wackelig ist. Die Arbeitshöhe war auch viel zu niedrig. Also wurde aufgerüstet. Wieder Ein Cullmann-Stativ. Höher, stabiler und mit Schnellwechselplatte. Um die 100 DM waren als Azubi für mich eine Menge Geld! Das Stativ hat über 10 Jahre brav seinen Zweck erfüllt. Superstabil war es nicht wirklich. Die Kunststoffteile waren der Schwachpunkt. Aber für meine damaligen Ansprüche war es vollkommen ausreichend. Mit dem Alter wurden die Kunststoffteile brüchig. Die ersten Risse entstanden an den Schnellspannern der Alubeine.

Zeit das altgediente Stativ gegen ein neues auszutauschen. Meine Wahl fiel auf das Manfrotto MA190. Als Set mit Dreiwegeneiger und Schnellwechselplatte war es für rund 200 DM gerade im Angebot. Alubeine die oben in Magnesium-Druckguss münden. Robust und doch nicht zu schwer. Das Stativ habe ich nun gut 20 Jahre im Einsatz! Für Landschaften genauso wie im Studio. Wobei es mir zum Schleppen inzwischen zu sperrig ist. Auch die Stativtasche aus dem Set ist unpraktisch, da sie nicht gepolstert ist. Beim Transport drücken die Alubeine doch stark auf den Rücken oder die Seite. Nichts für lange Wanderungen.

Durch Zufall bekam ich ein weiteres Stativ zum Testen. Das SIRUI N-1004. Aus Aluminium, klein, handlich und dennoch stabil. Inzwischen nutze ich das SIRUI auf vielen Wanderungen. Es ist hoch genug und dennoch handlich. Die Tasche ist gepolstert und das kleine Transportmaß ist auch bei Wanderungen besser tragbar. Leichter ist es im Vergleich zum Manfrotto MA190 auch noch. Es gibt eine lange und kurze Mittelsäule. Somit eignet es sich auch sehr gut für Nahaufnahmen im Bodenbereich oder für Aufnahmen aus der Froschperspektive. Die Stabilität kann man durch einhängen der Fototasche oder Rucksack unter der Mittelsäule verbessern.

Inzwischen nutze ich das Manfrotto nur noch im Ftostudio. Das SIRUI manchmal im Studio und meist im Aussenbereich. Heute würde ich mir allerdings ein Stativ aus Carbon kaufen. Das ist zwar spürbar teurer, dafür sind diese noch einmal etwas leichter. Wem Carbon zu teuer ist, findet unter den Alustativen auch recht leichte Stative. Wer ein hohes Gewicht beim Stativ nicht scheut, sollte ein Stativ aus Eschenholz in Erwägung ziehen.

Lange Rede, kurzer Sinn: Lieber gleich ein hochwertiges Stativ kaufen. Bei billig kauft man mehrmals und zahlt am Ende sogar mehr. Mal abgesehen von den vielen misslungenen Bildern 😉

Kritierien für ein stabiles Stativ in der Landschaftsfotografie?

Ein hohes Gewicht bedeutet beim Stativ eine hohe Stabilität. Ein Studiostativ mit über 30 Kilogramm hat eine sehr hohe Stabilität. Allerdings ist es bei über 30 Kg Eigengewicht kaum für Landschaftsaufnahmen einsetzbar. Also braucht man ein transportables Stativ. Ein Dreibeinstativ ist hier die Lösung. Die Auswahl ist hier riesig.

Betrachten wir erst einmal, was ein Stativ stabil macht?

Hohes Gewicht. Schwierig. Ein Stativ für Landschaftsfotos muß noch transportierbar sein. Wieviel Kilo man schleppen kann oder will ist sehr individuell. Mit zunehmenden Alter ist man über jede Gewichtseinsparung froh. Zum Glück gibt es verschiedene Materialien im Stativbau. Leichtere Stative sind meist aus Aluminium oder Carbonfaser. Beide Materialien haben Vor- und Nachteile.

Carbon ist relativ teuer. Die hochwertigen Hersteller verwenden bis zu 10 Carbonlagen um eine hohe Bruchfestigkeit zu erreichen. Je größer ein Stativ ist, desto größer kann der Gewichtsunterschied zu anderen Materialien sein.  Neben dem hohen Preis hat Carbon noch weitere Nachteile. Durch das leichtere Gewicht, muß es bei windigem Wetter fast immer zur Verbesserung der Stabilität beschwert werden. Gute Stative haben dafür einen Haken unter der Mittelsäue oder Grundplatte. An diesem Haken kann man eine Fototasche oder andere Gegenstände unten ranhängen. Carbonstative dämpfen Schwingungen schlecht. Insbesondere der Spiegelschlag einer Spiegelreflexkamera kann schon zu Verwacklungen führen. In solchen Fällen ist eine Kamera mit Spiegelvorauslösung eine Lösung. Hat die Kamera diese Möglichkeit nicht, kann ein Selbstauslöser mit Vorlaufzeit Verwacklungen vorbeugen. Je größer ein Stativ ist, desto mehr Gewichtsvorteile hat man mit Carbon. Bei kleinen bis mittleren Stativen sind es je nach Hersteller und Modell ca. 100 – 300g weniger Gewicht im Vergleich zu Alu-Stativen. Bei großen Stativen kann der Gewichtsvorteil bis zu 500g betragen. Im Vergleich zu anderen Materialien kann der Gewichtsvorteil noch größer sein.

Aluminium ist im Vergleich zu Carbonfasern meist das günstigere Material. Wem ein Carbonstativ zu teuer ist, wird bei Aluminium-Stativen eine vergleichbare Ausführung zu günstigeren Preis finden. Manche Hersteller bieten gleiche Modelle in Carbon und Alu an. Bei Sirui und vereinzelt auch bei Manfrotto. Aluminium ist auch recht leicht und stabil. Weniger Gewicht bedeutet allerdings auch weniger Standfestigkeit. Deswegen ist eine Beschwerung zur Verbesserung der Standfestigkeit empfehlenswert. Dafür bieten die guten Hersteller ebenfalls einen Haken für Gewichte unter der Mittelsäule oder Platte an. Die Dämpfungseigenschaften bei Alu sind im Vergleich zu Carbon besser. Dennoch werden Schwingungen durch Erschütterungen übertragen. Auch hier bringen die obigen Hinweise mit Zusatzgewichten, Spiegelvorauslösung oder Selbstauslöser mit Vorlaufzeit Abhilfe.

Dreiwegeneiger
Dreiwegeneiger

Eschenholz hat im Stativbau die besten Dämpfungseigenschaften! Das Holz fängt Erschütterung sehr gut auf und ist dennoch sehr stabil. Stative aus Eschenholz gibt es nur von der Firma Berlebach. Berlebach gibt es seit 1898 als Hersteller von Holzstativen. Stabile Holzstative für die Fotografie gibt es aus der Serie Uni und Report. Die Mini-Serie ist für Makrofotos ausgelegt und für den Landschaftsfotografen weniger interessant. Eschenholz ist schwerer als Aluminium oder Carbon. Auf Grund des höheren Eigengewichtes und den sehr guten Dämpfungseigenschaften ist keine Stabilisierung durch Zusatzgewichte erforderlich. Eschenholzstative liegen in etwa in der Preisklasse von guten Alu-Stativen. Wer Wert auf hohe Standfestigkeit und sehr gute Dämpfungseigenschaften legt, sollte die Anschaffung eines Holzstatives in Betracht ziehen.

Basalt ist eine Mischung aus Vulkangestein und Spezialharz. Gitzo hat diese Mischung für die Raumfahrttechnik entwickelt und nutzt diese seit einigen Jahren auch im Stativbau. Es ist ähnlich in den Eigenschaften wie Aluminium, allerdings noch etwas leichter. Preislich liegen diese Stative zwischen Alu und Carbon. Die angebotene Auswahl an Stativen ist derzeit allerdings noch sehr bescheiden.

Weitere Materialien sind Stahl und Magnesium. Beide Materialien sind meist schwerer als die bereits genannten. Kunststoff ist den günstigen Stativen vorbehalten.  Die Standfestigkeit ist hier meist bescheiden. Zudem altert Kunststoff schneller als Carbon und Metall, da mit der Zeit die Weichmacher entweichen und der Kunststoff spröde und brüchig werden kann. Das sind keine Stativ für die Ewigkeit. Das gilt auch für Stative wo Bauteile wie Verbindungen und Verschlüße aus Kunststoff verarbeitet sind.

Ein Stativ ohne Mittelsäule ist standfester als eines mit Mittelsäule. Stative im professionellen Bereich werden deswegen häufig mit Grundplatte angeboten. Bei einigen Herstellern gibt es auch beide Möglichkeiten. Zum Nachrüsten und oder bereits beides im Lieferumfang. Bei den Berlebach-Mini-Stativen ist je nach Modell eine Nivellier-Halbkugel mit Wasserwaage eingebaut. Bei anderen Modellen kann man diese damit  nachrüsten. Damit ist der Neigungswinkel einstellbar. Für Panoramaaufnahmen kann man so die Stativplatte ins Wasser bringen. Beim fotografieren mit Tilt/Shift-Objektiven kann man die Kamera vorher sauber ausrichten. Als Zubehör ist eine Nivellierkugel aber bei fast jedem Stativ nachrüstbar. Für Panoramafotos ein wichtiges Arbeitsgerät, damit der Horizont gerade abgebildet wird. Für Tilt/Shift-Fotografen genauso wichtig, da eine im Wasser ausgerichtete Kamera leichter im Shift oder Tilt anwendbar ist.

Das was auf dem Stativ montiert wird hat auch Einfluß auf die Standfestigkeit. Egal ob Kugelkopf, Dreiwegeneiger, Getriebeneiger, Nodalpunktadapter, Panormakopf, Kamera und Objektiv. Alle haben Auswirkung auf die Weiterleitung von Erschütterungen.

Ob man einen Kugelkopf, Dreiwegeneiger oder Getriebeneiger verwendet ist persönliche Geschmackssache oder Gewohnheit. Bei Landschaftsfotos vom Stativ verwende ich derzeit am liebsten einen Getriebeneiger MA410 von Manfrotto. Damit kann ich genau auf den Millimeter den Bildausschnitt einstellen! Ein Dreiwegeneiger oder Kugelkopf ist mir da meist zu unpräzise. Aber das ist Gewohnheitssache. Andere Fotografen nutzen einen Kugelkopf, da sie damit am schnellsten die Kamera ausrichten können. Für Panoramafotos braucht man einen Nodalpunktadapter, damit die Teilaufnahmen in der optischen Achse der Kamera gemacht werden können.

Ein wichtiges Zubehör ist ein Fernauslöser. Damit vermeidet man Erschütterungen beim auslösen. Je nach Kamera gibt es da Kabelfernauslöser und kabellose Auslösemöglichkeiten. Ob per Infrarot-Schnittstelle oder Funk ist von der Kamera abhängig. Manche Kameras können auch per App über das Smartphone oder ein Tablet fernausgelöst werden.

Spiegelreflexkameras haben einen Spiegel, der beim Auslösen hochgeklappt wird. Diese Mechanik verursacht bei längeren Verschlußzeiten Erschütterungen, die eine Aufnahme verwackeln können. Eine Kamera mit Spiegelvorauslösung kann dies vermeiden. Einmal auslösen und der Spiegel wird hochgeklappt. Beim zweiten Auslösen wird die Aufnahme erschütterungsfrei gemacht. Wenn die Kamera eine Live-View-Funktion hat, kann auch diese genutzt werden, da hier auch der Spiegel hochgeklappt wird.

Zusammenfassung:

Wer nur einmal im Jahr ein Stativ benötigt, wird sicher nicht mehrere 100 € ausgeben wollen. Für einfache Aufnahmen wird er mit einem günstigen Stativ um die 100 € zufrieden sein.

Wird das Stativ öfters eingesetzt, steigen automatisch die Ansprüche. Man will keine verwackelten Fotos mehr. Mehr Stabilität. Knackescharfe Fotos mit hoher Schärfentiefe. Will man einen Wasserfall mit fließenden Wasser fotografieren. Nachtaufnahmen mit langer Belichtungszeit damit die Wolken verwischt sind. Dafür benötigt man ein sehr stabiles Stativ. Die Stabilität kann man durch behängen mit Gewichten mit einer Fototasche verbessern. Bei Spiegelreflexkameras vermeidet eine Spiegelvorauslösung Verwacklungen während längerer Belichtungszeiten. Eine Live-View-Funktion hat die gleiche Wirkung, da hier ebenfalls der Spiegel bereits hochgeklappt wurde. Ein Fernauslöser mit Kabel oder kabellos erleichtert die Arbeit enorm und vermeidet ebenfalls Verwacklungen.

Ein robustes, halbwegs leichtes und dennoch stabiles Stativ bekommt man zwischen 150 – 300 €. Diese sind meist aus Aluminium, Eschenholz und vereinzelt auch schon aus Carbon. Weitere Gewichtseinsparungen sind nur den Carbonstativen vorbehalten. Diese liegen preislich zwischen 300 – 1500 €. Die hohe Preisspanne hängt von der Verarbeitungsqualität und Materialmenge ab. Ein hohes Stativ braucht mehr Carbon. Das bedeutet automatisch mehr Materialkosten und daw wirkt sich spürbar auf den Endpreis aus.

Manfrotto MA190 im Einsatz
Manfrotto MA190 im Einsatz

Sehr professionelle Stative produziert Gitzo. Der Vorteil dieses Herstellers ist, daß man auch noch nach Jahrzehnten Ersatzteile verfügbar sind! Bei allen anderen Stativ-Herstellern ist dies nur ganz selten oder gar nicht möglich. Weitere gute Hersteller sind Manfrotto, Berlebach, SIRUI, Novoflex. Ja, es gibt noch zahlreiche weitere Hersteller. Da ich die nicht aus der Praxis kenne, möchte ich mir darüber kein Urteil erlauben.

Die 5 genannten Hersteller kenne ich aus eigener Praxis beim Fotografieren und aus meiner Tätigkeit als Verkäufer im Fotogroßhandel. Glaubt mir, mindestens 70% der Berufsfotografen nutzen ein Gitzo. Berufseinsteiger mit knappen Budget weichen meist auf die günstigeren aber auch sehr guten, Manfrotto oder Sirui Stative aus. Manche Fine-Art-Landschafts- und Makrofotografen nutzen ein Berlebach-Stativ aus Eschenholz.